Poetische Porträts
1989

104 Seiten, mit drei Porträtfotos,Hardcover
€ 11, SFr 17
ISBN 978- 3-924652-13-5

Anna Rheinsberg
Kriegs/Läufe
Namen. Schrift.
Über Emmy Ball-Hennings, Claire Goll, Else Rüthel


In eigenwilligen, poetische Porträts zeichnet Anna Rheinsberg den Lebensweg dieser Dicherinnen nach, die in den zwanziger Jahren zur Avangarde gehörten, Ausgewählte Textproben geben zusätzliches Kolorit.

Buchentstehung
Anna Rheinsberg schrieb mich eines Tages an, um mir eine Anthologie zeitgenössischer Schriftstellerinnen vorschlagen. Daraus wurde nichts, aber wir freundeten uns an. Aus dem gemeinsamen Interesse an Exil und Widerstand entstanden zwei Bücher mit und über vergessene Dichterinnen der zwanziger Jahre. Die Kriegs/Läufe war das erste, das zweite, Wie bunt entfaltet sich mein Anderssein, folgte fünf Jahre später.

Zur Autorin

Anna Rheinsberg, 1956 in Berlin geboren, lebt als freie Schriftstellerin in Marburg/ Lahn. Das Studium der Volkskunde schloß sie mit einer Arbeit über Claire Goll ab. Zu ihren zahlreichen Veröffentlichungen gehören Gedichtbände, Erzählungen, Theaterstücke und Briefe. Zuletzt erschien in der Edition Nautilus der Erzählband Das Grüne Kleid.
Im persona verlag sind auch erschienen:

Pressestimmen

"Es sind biographische Erkundungen in einer eigenwilligen Mischung aus Essay und sehr poetischer Prosa... Anna Rheinsberg hat mit diesem sehr liebevoll ausgestatteten Buch mehr als ein Stück Literaturgeschichte der Frau geschrieben. Indem sie eine bei allem Erschrecken faszinierend zu lesende Revue der Beschädigungen gibt, die diese drei Frauen auf ihrem Weg zur Sprache, zur Schrift und (mit Einschränkungen) zu ihrem Ich erlitten, sagt sie etwas über vormals (und immer noch?) herrschende Geschlechterverhältnisse. Sie setzt hier mit den Mitteln der literarischen Biographie fort, was auch schon ihre Gedichte, Erzählungen und das schöne Lesebuch Bubikopf mit Texten aus den zwanziger Jahren auszeichnete: die engagierte Parteinahme für Frauen in Verbindung mit historischem Sinn, mit Gespür für Milieus und sprachliche Valeurs, mit Kunstverstand also. Ein Glücksfall." (Heribert Seifert, die tageszeitung)

"Das sind keine gewöhnlichen Porträts, und so ist auch die Sprache nicht gewöhnlich. Reduziert und stilisiert ist diese und gerade darin durchaus stark... Die Germanistin Anna Rheinsberg stattete ihre Kriegs/Läufe mit fachlichem Wissen aus, und die Schriftstellerin Anna Rheinsberg schuf daraus ein komplexes poetisches Gebilde, in dem biographisch-literarische Einfühlung, Wertung und Schöpfung zu einer neuen Form zusammenfließen." (Katja Rauch, Neue Zürcher Zeitung)

"Anna Rheinsbergs mit vorsichtigen Strichen entworfene Skizzen erinnern an zarte Tuschebilder." (Heide Soltau, (Hessischer Rundfunk)

Textprobe

November 1918, Berlin. Der Krieg ist zuende. Krieg beginnt eben neu. Via Lausanne, München betritt die Frau die revolutioäre Szenerie. Sie ist achtundzwanzig Jahre alt; vor nur einem Jahr, 1917, stand ihr Name auf der schwarzen Liste: Claire Studer. Die Frau, ein Laufschritt. Schrift. Ich. Magie des freien Falls, kopfüber, der Atem steht still. Umsturz! skandiert der Schritt. Ziellos. Im Aufbruch, sie negiert die Hierarchien der Körper und ihrer Kryptogramme. Sie ist ihre eigene Expedition. Die Metropole als Flug/Terrain, die Frau entscheidet für die Vogelperspektive. Ihr Auge leistet Widerstand. Ihr Auge entzündet allerorten einen Steppenbrand. Ich sehe etwas, was du nicht siehst, und nenne es mit fremdem Namen. (Mutter/Stimme, Krieg. Claire (Studer) Goll)