Roman
1997

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ISBN 3-924652-72-2 (epub), 3-924652-73-9 (mobipocket)

Kirsti Paltto
Zeichen der Zerstörung


Aus dem Finnischen von Regine Pirschel

Am Nordrand Europas, auf vier Länder verteilt, leben die Samen. Kirsti Paltto schildert das Leben der finnischen Samen am Ende des zweiten Weltkriegs und in der Nachkriegszeit. Der Alltag zwischen samischer Tradition und technischer Zivilisation ist spannungsreich, aber auch voll Zauber. Das Geflügelte Ren ist unterwegs, wir hören seine Kupferglocke.

Buchentstehung
Eines Tages las ich in der Neuen Zürcher Zeitung einen Artikel über Lappland. Darin wurde die samische Autorin Kirsti Paltto erwähnt, deren Namen ich zwar kannte, von der ich aber nichts gelesen hatte. Ich schrieb an die Autorin ... ‘Zeichen der Zerstörung’ ist der erste samische Roman, der ins Deutsche übersetzt wurde. Grundlage der Übersetzung ins Deutsche ist die von Eino Kuokkanen, dem Mann der Autorin, erstellte und von der zweisprachigen Verfasserin autorisierte finnische Version. Die Übertragung aus dem Finnischen ins Deutsche unternahm Regine Pirschel. Eines meiner Lieblingsbücher!


Zur Autorin

Kirsti Paltto wurde 1947 in Ohcejohka (Utsjoki), in der nördlichsten Gemeinde Finnlands, geboren. Zu Hause sprach man samisch, finnisch lernte sie erst in der Schule. 1971 trat sie als erste samische Schriftstellerin an die Öffentlichkeit. Für ihre überwiegend auf samisch verfaßten Werke -- Romane, Erzählungen, Kinderbücher, Gedichte, Hörspiele, Theaterstücke -- erhielt sie literarische Auszeichungen. Zusammen mit ihrem Mann gründete sie den Verlag Gielas für samische Literatur. Kirsti Paltto lebt in ihrer Heimatgemeinde.

Pressestimmen

"Das Erscheinen dieses Buches darf man getrost ein literarisches Ereignis nennen, denn mit Zeichen der Zerstörung liegt erstmals ein saamischer Roman in deutscher Sprache vor. Die Autorin Kirsti Paltto hat mit solchen Pionierleistungen Erfahrung, schließlich ist sie die erste Frau, die überhaupt ein Buch in saamischer Sprache veröffentlicht hat. Indem der kleine persona verlag in Mannheim ein solches Buch publiziert, verhilft er einer der schönsten Eigenschaften von Literatur zur Geltung, nämlich ihrer besonderen Fähigkeit, Grenzen zu überschreiten, Mitteilungen aus fremden Welten zu machen. In diesem Fall ist es die Welt nördlich des Polarkreises und jenseits unserer mitteleuropäischen Kultur. Die kulturelle Differenz ist groß, das zeigt der Roman. Er führt uns die Fremdheit dieser Welt vor Augen und hebt sie doch auch ein Stück weit auf, denn er versetzt uns in die Lage, ein Gefühl für das Schicksal der Protagonisten zu entwickeln." (Stefan Moster, Jahrbuch für deutsch-finnische Literaturbeziehungen Nr. 30, 1998)

"Indem die Autorin das Alltagsleben der Familie von Sofe und Antaras schildert, werden die tiefgreifenden Verluste spürbar, die die Samen durch den Krieg erlitten haben. Kirsti Paltto erzählt aber auch von der Selbstbehauptung und dem Selbstverständnis des samischen Volkes, das, auf vier Länder Nordeuropas verteilt, durch die Folgen des Krieges in seiner Existenz bedroht, bis heute um seine politische Eigenständigkeit und kulturelle Identität kämpft. Das Buch ist literarisch konventionell geschrieben, doch stellt es eine Pionierarbeit hinsichtlich der literarischen Verarbeitung des Zweiten Weltkriegs im Norden Finnlands dar. Die Autorin fühlt sich der mündlichen Erzähltradition der Samen verpflichtet und verwendet bewußt deren Stilelemente. So setzt sich der Roman aus zahlreichen Episoden und Schicksalen, aus Beobachtetem, Gehörtem und Weitererzähltem, aus Erinnertem und Erahntem schließlich zur Geschichte einer Familie, einer Dorfgemeinschaft, eines Volkes zusammen, das im Spannungsfeld von beschädigter Tradition und zivilisatorischen Verheißungen sein Leben bestreitet. Daß diese authentische Stimme der samischen Literatur nun auch südlich des Polarkreises Gehör finden wird, ist sowohl Kirsti Paltto zu danken, als auch Regine Pirschel und dem persona verlag, die die Schwierigkeiten der Übersetzung ‘aus zweiter Hand’ mit großer Sorgfalt und einfallsreicher Improvisation gemeistert haben." (Kerstin Reimers, LISTEN)

Textprobe

"Sowie das Schneetreiben aufgehört hatte, kam starker Frost. Die Herde kauerte reglos da und atmete weißen Dampf in die Luft. In der Kota mußten sie Tag und Nacht das Feuer brennen lassen, um nicht zu erstarren. Antaras und seine beiden Gehilfen wachten nachts abwechselnd ein paar Stunden, umrundeten im schneidenden Wind auf Skiern einmal die Herde und wärmten sich am Feuer wieder auf. Alles wirkte tot, sogar die Rentiere nur wie halblebendig. Sie bewegten sich gerade soviel, um ein Flechtenbüschel ins Maul zu nehmen. Antaras stand oft neben der Kota und schaute nach Norden. Dort war sein Land, waren seine Angehörigen -- oder nicht? Würde es im Skavtsi nach dem Krieg überhaupt noch Menschen geben? Und Rentiere? Dunkel wölbte sich der Himmel, und unter ihm schimmerten die Berge. Die Hufe der Rentiere knirschten im frostharten Schnee. Antaras‘ Lippen entrang sich ein Joik, leise und traurig. Er enthielt keine Worte und keine Gedanken; da waren nur grenzenlose Qual und Hoffnung und seine Stimme, die die Berge und Fjälls um Hilfe bat, um Schutz für die Lieben, wo immer sie sich befanden."