Erzählungen
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Savyon Liebrecht |
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Zur AutorinSavyon Liebrecht kam 1948 in München als Kind polnisch-jüdischer Überlebender zur Welt. Die Familie übersiedelte bald nach Israel, und Savyon Liebrecht wuchs hebräisch auf. Sie studierte Philosophie und Literaturwissenschaft. Während ihres Militärdienstes begann sie zu schreiben. Mit ihren drei Erzählungssammlungen “Äpfel aus der Wüste” (1986), “Pferde auf der Autobahn” (1988) und “,Das sind alles böhmische Dörfer für dich‘, sagte sie zu ihm” (1992) erschrieb sich Savyon Liebrecht einen festen Platz in der hebräischen Literatur. Für ihr erstes Buch erhielt sie den Altermann-Preis, und 1991 wurde sie mit dem Literaturpreis des Premierministers ausgezeichnet. 2004 wurde sie “Dramatikerin des Jahres” in Israel. Ihre Bücher wurden in mehrere Sprachen übersetzt. Pressestimmen"Die Schoah war lange kein Stoff für die hebräische Literatur, es gab dafür keine Sprache. Doch langsam löste sich die Verhärtung. Savyon Liebrecht gehört zu den ersten Autoren, die von den Auswirkungen der Schoah im heutigen Leben Israels erzählen ... Mit kriminalistischer Intensität und in klarer Sprache wird das Schweigen gebrochen, die Erstarrungen gelöst, die den einzelnen isolieren, die Familien verstören, die Liebe lähmen. Wenn vom früheren Leben der Juden in Europa erzählt wird, beginnt die Sprache zu klingen wie eine Legende, sie erinnert dann an Agnon oder Babel, an die schönste jiddische Überlieferung." (Christoph Meckel, Die ZEIT) "At her best, Liebrecht is the equal of far better-known Israeli authors like Amos Oz. She deserves to have more of her work translated ... These finely wrought stories of private lives shed light on a terrifying political conflict." (Suzanne Ruta, The New York Times) Textprobe"Den ganzen Weg von Scha‘are Chessed in Jerusalem bis hin zur großen sandigen Ebene, wo der Fahrer, sie im Rückspiegel suchend, 'Newe Midbar' verkündete, konnte Victoria Abravanel an nichts anderes denken; ihr Herz war aufgewühlt, ihre Hände waren zu Fäusten geballt. Viermal stieg sie um, in Autobusse, die in Stationen einfuhren und sie wieder verließen; immer wieder löste sie ihr Kopftuch, das wild im Wind flatterte, und band es von neuem; aus ihrem Korb holte sie in braunes Papier eingewickelte Brote und einen Apfel hervor, dessen Inneres verdorben war; sie sprach, wie die Gebote es vorschreiben, ein Gebet für die Reise und eins über das Obst und ärgerte sich über die Leute neben ihr, die sie unentwegt anstießen. Ihr Blick war auf die sich gelb färbende Landschaft gerichtet, die vor ihr lag, und ihr Herz auf Rivka, ihre widerspenstige Tochter, die vor einem halben Jahr das Viertel verlassen hatte, um in einen atheistischen Kibbuz zu ziehen. Erst vor kurzem hatte sie von ihrer Schwester Sara erfahren, daß Rivka das Zimmer mit einem jungen Mann teile, in dessen Bett sie schlafe und mit dem sie umgehe, als wären sie Mann und Frau." |