Roman
1984 ff.

254 Seiten, engl. Br.
D: € 12,00 A: € 12,40, SFR 22
ISBN 3-924652-01-5

E-Book €9,99 ISBN: ... 64-7 (epub) ISBN: ... 54-8 (mobipocket)

Lili Körber
Die Ehe der Ruth Gompertz


Mit einem Nachwort von Gabriele Kreis

Der dokumentarische Roman beschreibt das Leben der jüdischen Schauspielerin Ruth Gompertz vom Sommer 1932 bis April 1933. Ihr Alltag, die Arbeit am Theater und ihre Ehe mit dem ehrgeizigen "arischen" Arnold sind dem zunehmenden Terror des NS-Regimes ausgesetzt. Sie muß die Vernichtung ihrer beruflichen Existenz erleben und erkennen, daß ihrem Mann die Karriere wichtiger ist als ihre Liebe.

Buchentstehung
Dieser Roman war eines der ersten Bücher gegen Hitler. Richard Lányi brachte ihn 1934 in Wien unter dem Titel 'Eine Jüdin erlebt das neue Deutschland' heraus, wo er in einem Zensurprozeß verboten wurde. Die erste Veröffentlichung in Deutschland unternahm der persona verlag 1984. Ich war durch eine Anzeige in einer Exilzeitschrift auf ihn aufmerksam geworden.


Zur Autorin

Lili Körber wurde 1897 in Moskau geboren. 1920 bis 1938 lebte sie meist in Wien. Die promovierte Literaturwissenschaftlerin wandte sich vorwiegend sozial-politischen Themen zu. Berühmt wurde sie 1932 mit dem Buch Eine Frau erlebt den roten Alltag, das ihre Erfahrungen in einer sowjetischen Traktorenfabrik schilderte. Nach der Jüdin schrieb sie politische Reportagen für die Exilpresse und dokumentarische Romane über ihre Reisen in den fernen Osten. 1938 konnte sie nach Frankreich und 1941 in die USA flüchten. Lili Körber starb 1982 in New York.

Pressestimmen

"Einer der ersten und bemerkenswertesten antifaschistischen Romane." (Josef Haslinger, Wespennest,Wien)

"Ein eindrucksvolles zeitgeschichtliches Werk." (Brigitte Galanda, AUFBAU, New York)

"Ein ausgezeichnetes Dokument des Zeitgeschehens durch die lebensechte Darstellung von Schicksalen in der Zeit vom Sommer 1932 bis April 1933." (Hermann Lewy, Allgemeine Jüdische Wochenzeitung)

"Als das Buch Anfang 1934 in Wien erschien, war es eine Sensation und wurde zu einem Bestseller. Schonungslos und offen beschrieb der Roman in eindrucksvoller, plastischer und authentischer Form die ersten Wochen nach der ,Machtergreifung' in der Form einer Biographie der jüdischen Schauspielerin Ruth Gompertz ... Es ist sicherlich ein Verdienst des Verlages, diesen klassischen Roman dem heutigen Leser wieder erschlossen zu haben." (Reuven Assor, Mitteilungsblatt des Irgun Olei Merkas Europa)

Textprobe

"Und wirklich, es gibt noch Wunder auf der Welt...Kaum, daß die Eingangstür zuschlägt, Arnolds helle Stimme: 'Ist meine Frau zu Hause?' Genau wie früher...Ach, was für Glück! Ruth hängt an Arnolds Hals, zerrt ihn am Schopf, lacht vor Wiedersehensfreude, als sei er weggewesen...Und auch er lacht, ruft: 'Au!', hebt sie in die Höh', schaukelt sie hin und her...Der alte Ton ist wiederhergestellt. Und dann sagt Arnold ernst - so ernst er kann: 'Also denk dir, Maus, die große Neuigkeit: ich werde wahrscheinlich Direktor bei Böller & Co. Haste 'ne Sprache, Mensch?' Nein, sie hat keine Sprache. Tüchtig ist Arnold ja - zumindest nimmt sie es an, versteht ja von seinem Fach ebensowenig wie er von dem ihrigen. Aber, daß es so plötzlich gekommen ist? 'Ist ja gar nicht plötzlich gekommen, Maus. Der Direktor sollte schon längst entlassen werden. Die Zeiten sind jetzt nicht mehr so, daß Juden deutsche Firmen vertreten können. Und die Böllers sind überhaupt Antisemiten - Göring ist judenfreundlich dagegen, auf Ehre. Na, das finde ich aber übertrieben, habe ich ihm gesagt, das ist der einzige Punkt, in dem ich mit unserem Führer nicht ganz mitgehen kann, und er darauf...' 'Wer denn - er?' 'Ja, richtig, du weißt ja noch gar nichts. Also der Böller junior, der Sohn vom Oberbonzen, ist bei Herberts Sturm, und Herbert hat ihm von mir erzählt, weil sie junge Kräfte suchen, die alten Onkels haben alle den Kopf voller liberalistischer Ideen oder sind bestensfalls deutschnational. Der alte Böller nicht. Ist ein patenter Kerl, ein firmer Bursch, wie man in Wien sagt. Gestern abend war ich bei ihm zu Besuch. Eine Villa, Maus, die solltest du dir anschauen, wirst wahrscheinlich bald die Gelegenheit dazu haben. Als die ersten Wahlresultate verkündet wurden, ließ er Schampus aus dem Keller holen...Darauf haben wir gleich angestoßen. Und wie ich dann weggehe, klopft er mir wieder auf die Schulter und sagt: 'Aber nicht vor Mai! Zuerst muß ich den Alten auf anständige Weise loswerden! Und noch eins, mein Sohn: Sie sollen unbedingt zur SA! Nicht abseits stehen, Deutschland braucht junge Männer, wie Sie einer sind!' Darauf habe ich ihm die Hand gegeben. Ein Mordskerl, wie man in Wien...ja, was hast du denn, Maus?... Ja, um Himmels willen, Frau Müller...' Frau Müller läßt fast die panierten Schnitzel fallen, die sie eben hereinträgt, und den grünen Salat, den Arnold ungezuckert bestellt hat, wie Arnold es von Wien aus gewöhnt ist...sie stützt Ruth, die käsebleich sich Arnolds Hilfe entzieht: 'Es ist nichts, wirklich nichts, es vergeht gleich...' Und plötzlich wird Frau Müller energisch und sagt: 'Nur een Oojenblick hinlejen', führt Ruth ins Schlafzimmer, wehrt energisch ab, als Arnold auch hinein will. Ahnt sie etwas? Sie flüstert so mütterlich, indem sie Ruths Füße mit einem Plaid zudeckt: 'Müssen sich nich alles jleich so zu Herzen nehmen, Frau Borchardt.' Und Ruth hält ihre Hand zurück, ihre von der Arbeit angeschwollene, harte Hand und sagt mit zitternder Stimme: 'Er bekommt die Stelle eines entlassenen Juden und soll in die SA eintreten, Müllerchen...' Darauf weiß die Alte nichts zu erwidern, für so was jibts keene Trostworte nich..."