Roman
1987

372 Seiten, engl. Br.
D: € 19,00 A: 19,60, SFR 35,00
ISBN 3-924652-08-2

Richard Errell
Das Nizzani Fragment

Nach dem Ende des zweiten Weltkriegs kommen Anton Le Ven und Maurits Zondervaan in den Besitz des Nachlasses ihres Großvaters, eines Experten antiker Sprachen. Darunter befindet sich ein altes Pergament, das Hinweis auf Jesus von Nazareth zu geben scheint. Anton Le Ven setzt die Erforschung des “Nizzani Frangments" fort und kommt zu überraschenden Schlüssen: Jesus hat offenbar die Kreuzigung überlebt. Was das für die institutionalisierte Christenheit bedeutet, erweist ihr Verhalten gegenüber Andersgläubigen. Ihre Verfolgung, die Austilgung von Ketzern und Juden, wird anhand historischer Beispiele dargestellt. Das letzte Wort hat die Angeklagte: Bei Gesprächen mit Katholiken in Rom kommen Zondervaan und seine Partner zu einem leidenschaftlichen Plädoyer für Toleranz und Menschlichkeit.

Buchentstehung
Ernst Loewy erzählte mir eines Tages von seinem schriftstellernden Onkel: von Richard Errell, dem bekannten Fotografen. Er hatte das 'Nizzani Fragment' in der Schublade ...


Zum Autor

Richard Errell (d.i. Richard Lewy) kam 1899 in Krefeld zur Welt. Er studierte Werbegrafik und Malerei und war ein Pionier der Firmenwerbung mittels Fotografie. 1933 ging er nach Prag, 1937 nach Palästina. 1948 wurde er der grafische Berater der israelischen Regierung. Errell schrieb mehrere Standardwerke über Fotografie. Weitere Publikationen: Abrechnung in Venedig und Bilderbuch für Vergeßliche (zusammen mit Ernst Loewy). Der Autor starb 1992.

Pressestimmen

"Ich habe seit Jahren nicht ein so aufregendes, interessantes und mitreißendes Buch gelesen, das zugleich die Hoffnung auf neue Erkenntnisse und Wege zu völkerverbindender Toleranz aufzeigt." (Jo Mihaly, Tessiner Zeitung)

"Das Buch ist mir dem Namen der Rose vergleichbar, obwohl es ein gutes Stück älter ist...Die Schilderung des christlichen Antisemitismus macht das Buch zu weit mehr als einem großen historischen Roman." (Gabriele Haefs, Morgenbladet/Oslo)

Textprobe

"Die Welt sieht zum Fürchten aus. Wüst, das ist das Wort. Ich begreife zum ersten Mal, was 'Wüste' bedeutet. Das ist nicht Sand und Endlosigkeit und tödliche Leere von allem Leben, sondern das wüst Durcheinandergeratene, Zerschlagene, Ordnungs- und Maßlose. Wüste hebt den Zusammenhang von Mensch und Natur auf, es graut ihm vor Verlassenheit und Ausgeliefertsein. Wüste ist ohne Geschichte und ohne Zeit; ob Lot oder ich hier reiten, auf gleichem Tier, im gleichen Kleid, den gleichen steinigen, mit Urstaub bedeckten Pfad entlang, sie bemerkt es nicht, sie weiß nichts von uns. Hinab, hinunter, tiefer, tiefer. Wir reiten. Die Sonne stürzt mit Gebrüll über uns. Kein barmherziger Windhauch. Wie lange kann man so reiten, außerhalb aller Welt? Dabei sind erst wenige Stunden vergangen, seitdem wir Jerusalem verließen, das stolze, hocherbaute mit kühlen Abenden nach Tagesglut. Vor der letzten Wegkrümmung noch einen Blick auf seine Mauern. Von keiner Seite hat die Stadt solch königliches Antlitz wie von Osten. Von Osten kamen ihre Erbauer seit jeher. Hoch krönt sie das Land, das unter ihr abstürzt ins nicht Gestaltete, in Gottes Verlassenheit. Jerusalem liegt achthundert Meter über dem vom Menschen gesetzten Maß, dem Spiegel der Meere. Aber unser Weg geht ins Maßlose hinab, zwölfhundert Meter unter Jerusalems Mauern, zum Meer der Unterweltlichen, zur tiefsten Stelle der Erde, dem Einmaligen, nicht wieder Vorkommenden. Hat Gott diese Tiefe geplant, damit sein Fels den Opfernden noch höher erscheine, über alles Maß? Bedarf das einzig Hohe des einzig Tiefen, um ganz hoch zu sein? Muß Hölle sein, wo Himmel ist? Für die Reitenden ist Himmel und Hölle eins geworden in Unbarmherzigkeit. Ein zorniger Schöpfer hat mit Faustschlag und Fußtritt zerstört, was ihm mißfiel. Wir reiten durch die Trümmerhaufen einer mißlungenen Welt."