Bilder aus dem Leben Anne Franks
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Mies Bouhuys |
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Zur AutorinMies Bouhuys, 1927 in Weesp geboren, zählt zu den bekanntesten Jugendbuchautorinnen in den Niederlanden. Sie studierte zunächst Pädagogik, später Spanisch. Zahlreiche Übersetzungen. Verfaßte auch Theaterstücke und Musicals. Sie erhielt mehrere Literaturpreise. Krieg und der Nationalsozialsmus sind Themen, die sie immer wieder beschäftigten, nicht zuletzt aufgrund ihrer eigenen Erfahrungen in Holland. Mies Bouhyus lebt in Amsterdam und ist in der Anne-Frank-Stiftung aktiv. Pressestimmen"So wie Annes Familie aus Deutschland nach Holland flüchtete, so leben auch heute Flüchtlinge aus anderen Ländern in Holland (und in Deutschland). Verhalten können sich Kinder zu solchen Problemen nur, wenn sie Bescheid wissen. Dazu ist das Buch von Mies Bouhuys ein wichtiger Beitrag." (Heike Brandt, tageszeitung) "In diesem umfangreichen Kinderbuch schildert Mies Bouhuys das Leben der Anne Frank ab dem Jahr 1933. Gleichzeitig werden auch die historischen Zusammenhänge gut erklärt. Das ist auch notwendig, weil viele Kinder gar nicht wissen können, was damals eigentlich passiert ist. Und Kinder sollten solche Bücher lesen ..." (Stefan Gelberg, Der bunte Hund) "Mies Bouhuys weckt bei älteren Lesern das Interesse, das Tagebuch
der Anne Frank wieder zu lesen, ihr Buch ist für Menschen ab sieben
oder acht Jahren geeignet, die wissen wollen, wie das damals war ...
Mit meinen anfänglichen Zweifeln, ob denn die authentischen
Tagebuchaufzeichnungen der begabten Anne Frank noch durch ein
zweites Anne-Frank-Buch zu ergänzen seien, räumte Mies Bouhuys
auf, denn sie schrieb die notwendige Bereicherung zu diesem Thema dunkler Vergangenheit, die wir heute viel zu leicht
verdrängen." (fe, Börsenblatt) Textprobe"'Hast du noch nie eine Kartoffel gesehen?' fragt eine fröhliche Stimme dicht an ihrem Ohr. 'Pim, wie schön, daß du so früh da bist!' ruft Anne. Sie hakt sich bei ihm ein und macht genauso große Schritte wie er. 'Weißt du, wie man die Kartoffeln aus dem Boden holt?' 'Keine Ahnung', sagt Pim, 'im Herbst vermutlich.' Er schaut nach der Knolle in Annes Hand. 'Du willst mir doch nicht erzählen, daß die hier auf dem Rasen gewachsen ist?' 'Nein', sagt Anne, 'sie gehört Herrn Hirsch.' Und während sie ihm die ganze Geschichte von den Kartoffeln, Zwiebeln und Schuhbändern erzählt, blicken beide zu dem Fenster ohne Gardinen hinauf. Herr Hirsch sitzt an seinem Tisch, den Kopf tief über die Arbeit gebeugt. Sogar von hier unten kann man sehen, wie seine Hand sich beim Schreiben bewegt. 'Er arbeitet sicher an einem Buch', sagt Pim. Anne schüttelt den Kopf. 'Nein, er schreibt Adressen. Mehr als tausend am Tag. Für Taubenfutter. Und anderes Vogelfutter.' 'Taubenfutter?' fragt Pim. 'Ich verstehe kein Wort.' 'Na ja, es ist Reklame oder so was ... Du weißt schon, was man den Leuten ins Haus schickt, damit sie wissen, welches Vogelfutter das beste ist. Und der Professor muß alle Adressen aus dem Telefonbuch abschreiben. Wiesje hat es mir selbst erzählt. Aber ich finde es doch komisch.' Pim schüttelt leicht den Kopf. 'Ihm selbst wird es wohl noch viel komischer vorkommen', sagt er. 'Weißt du, ein Professor in Berlin, das ist schon wer. Die jungen Leute schauen zu ihm auf. Sie lesen seine Bücher, hängen an seinen Lippen. Noch Jahre später wissen sie, wie er die schwierigsten Dinge ganz einfach erklärt hat. Und jetzt ...' Mit einem Seufzer schaut er nochmals zum Fenster hinauf, 'Vogelfutter...' Auch Anne schaut hinauf. 'Der Hitler, gelt...', sagt sie. Pim gibt keine Antwort, er zieht nur die Augenbrauen kurz hoch. Anne weiß, warum. Für ihn ist ein Mädchen, das in die erste Klasse der Montessori-Schule geht, viel zu klein, um über Deutschland und Hitler zu reden. Sie schließt die Hand fest um die Kartoffel und wirft sie dann in hohem Bogen mitten auf den Rasen. Schweigend laufen beide an ihrem Haus vorbei und beginnen ihren allabendlichen Spaziergang: 'Pim und Anne laufen um den Häuserblock', sagt die Mutter dazu. Pim denkt an den Professor in seiner Stube und an das, was Anne ihm erzählt hat. 'Es ist unmöglich, alles vor Kindern wie Anne und Margot zu vertuschen', denkt er. 'Allein an diesem Platz wohnen sechs Familien, die aus Deutschland geflohen sind. Natürlich wird zu Hause und in der Schule darüber geredet.'" |